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Rede zur Aktuellen Stunde „Was ist uns die Bildung wert?“

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Rede zur Aktuellen Stunde „Was ist uns die Bildung wert?“
Das Thema ist zudem auch noch politisch sehr interessant. In dem ganzen Drumherum des Bildungsgipfels spielen nämlich auch die Bafög-Novelle, das sogenannte „Nationale Stipendienprogramm“ und das 2-Milliarden- Programm für die Lehre eine Rolle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

meine Kollegin Frau Große hat schon darauf hingewiesen, wie wirklich aktuell diese Aktuelle Stunde ist. Das Thema ist zudem auch noch politisch sehr interessant. In dem ganzen Drumherum des Bildungsgipfels spielen nämlich auch die Bafög-Novelle, das sogenannte „Nationale Stipendienprogramm“ und das 2-Milliarden- Programm für die Lehre eine Rolle.

Lassen Sie mich mit dem letzten anfangen. Die Trennung der Zuständigkeiten im Bildungsbereich hat sich gerade für die Hochschulen als sehr negativ herausgestellt. Nicht ohne Grund hat der Bund nach der Förderalismusreform durch die Hintertür mit seiner Exzellenzinitiative versucht, Geld ins System zu geben. Ehrlicher wäre es, dem Bund wieder Kompetenzen im Bildungs- und Hochschulbereich zu geben – das haben wir als LINKE vor der Föderalismusreform gefordert und das werden wir auch weiterhin fordern.

Nun soll mit einem Programm über 2 Milliarden Euro die Lehre gefördert werden und Frau Schavan hat als Bundesbildungsministerin dieses Programm als Riesen-Erfolg gefeiert. Aber meine Damen und Herren, diese Programm läuft bis 2020 – das sind pro Jahr rund 200 Millionen Euro. Für die Forschung steht die gleiche Summe in der Hälfte der Zeit zur Verfügung. Damit schafft man keine exzellente Lehre, das ist bestenfalls ein kümmerlicher Versuch.

Ein nicht nur kümmerlicher, sondern auch ein gefährlicher Versuch ist das sogenannte „Nationale Stipendienprogramm“. Dabei sollen die leistungsstärksten zehn Prozent der Studierenden mit monatlich 300 Euro gefördert werden. Das Geld soll zu 25% von den Ländern, zu 25% vom Bund und zu 50% von privaten Geldgebern aufgebracht werden – insgesamt mit einem Volumen von 600 Millionen Euro. Den Hochschulen wird dabei die Auswahl der Studierenden, die Suche nach den privaten Geldgebern und die Verwaltung der Vergabe überlassen.

Und als wäre das nicht schon Mogelpackung genug, sollen die privaten Geldgeber auch noch selbst entscheiden dürfen, für welchen Fachbereich das Stipendium vergeben wird. Zusätzlich haben Regionen ohne starke Wirtschaft einen Standortnachteil bei der Gewinnung von Geldgebern. Und gerade im Zuge von Bologna ist es geradezu ein Witz, dass das Stipendium bei einem Hochschulwechsel nicht mitgenommen werden kann, es also Mobilität hemmt. Das alles ist höchst problematisch und in NRW, wo die FDP auf diese absurde Idee gekommen ist, werden genau diese Schwachstellen bestätigt.

DIE LINKE lehnt das Nationale Stipendienprogramm ab. Ein solches Stipendiensystem verstärkt die soziale Ungleichheit an der Hochschule, die Zwei-Klassen-Hochschullandschaft, die Dominanz natur- und wirtschaftswissenschaftlicherFächer und den Einfluss der Privatwirtschaft. Schon heute weisen die Stipendienprogramme der meisten Begabtenförderungswerke eine soziale Schieflage auf. Es werden überwiegend Studierende aus reichen Elternhäusern gefördert. Eine Auswertung der gegenwärtigen Stipendienprogramme zeigt, dass etwa ¾ der Begünstigten aus einer „hohen“ oder „gehobenen“ sozialen Schicht stammen, nur zehn Prozent kommen aus der sozialen Herkunftsgruppe „niedrig“ (vgl. HIS 2009).

Nein, meine Damen und Herren, viel besser wäre es, die vom Bund und den Ländern geplanten Anteile von rund 300 Millionen Euro dem Bafög zugute kommen zu lassen – das wäre hilfreicher, sozial ausgewogener und damit zielführender. Damit bin ich beim dritten Schwerpunkt des Bildungsgipfels. Die Bafög- Novelle der Bundesregierung. Sie bleibt hinter unseren Erwartungen zurück. Die Höchstsätze und die Freibeträge sind noch deutlich zu niedrig und der Anteil der Anspruchsberechtigten dringend auszubauen. Dennoch sind Änderungen wie die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften oder die Anhebung der Altersgrenze bei einem Masterstudium auf 35 Jahre richtig und begrüßenswert.

Umso spannender ist es, dass Länder wie Hessen und Bayern im Finanzausschuss des Bundesrates gegen die Bafög-Novelle gestimmt haben – und liebe Kollegen von den Grünen, das Saarland mit ihnen als Koalitionspartner war munter mit dabei. Liebe Frau von Halem, sie fragen in ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde, die Landesregierung solle zeigen, wieviel ihr Bildung auch in Zeiten knapper Kassen wert ist. Wenn sie wie DIE LINKE diese Bafög-Novelle für richtig halten, stimmen sie ihre Kollegen von den Grünen in Hamburg und im Saarland um. Am Freitag stimmt der Bundesrat über das Gesetz ab, bis dahin hätten sie Zeit.

Der Bildungsgipfel am 10. Juni ist de facto schon gescheitert. Wie der Bildungsgipfel davor und der Bildungsgipfel davor. Am Rande sei hier nur erwähnt, dass auch der Bologna-Gipfel von Frau Schavan am 17. Mai diesen Jahres als “Alibi-Veranstaltung” gescheitert ist. Bildungspolitisch ist Deutschland unter schwarz-gelb so weit wie nur möglich von einem echten Gipfel entfernt. Im Gegensatz dazu ist der rot-roten Koalition in Brandenburg Bildung sehr viel wert. Wir setzen hier klare Akzente und erwarten das auch von der Bundesebene.

Dankeschön.

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