Gespräch über Armut in Deutschland
Gespräch über Armut in Deutschland
Nach Wegen aus der Armut zu suchen versprach das jüngste „Beeskower Gespräch“, zu dem der Landtagsabgeordnete und Kreisvorsitzende der LINKEN Peer Jürgens letzten Montag in die Stadtbibliothek eingeladen hatte. Gefunden hatte er vorab schon eine außerordentlich kundige Gesprächspartnerin: Diana Golze, Jugend- und Kinderpolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag, Leiterin des Arbeitskreises „ Arbeit, Gesundheit und Soziales“, stellvertretende Vorsitzende der LINKEN in Brandenburg.Die junge Frau aus dem Havelland hatte zum Thema „Reiches Deutschland – Armes Deutschland?“ nicht nur alle relevanten Zahlen parat, sie wusste auch von Debatten darum hinter den Bundestag-Kulissen zu berichten. Dass in der Bundesrepublik zwei Millionen arme Kinder leben, dass diese doppelte und dreifache Benachteiligung erfahren und dass nirgends auf der Welt der Bildungserfolg so sehr am Geldbeutel der Eltern hängt wie in Deutschland, lässt natürlich auch Abgeordnete der anderen Parteien nicht kalt. Und es wirft zweifellos ein schlechtes Licht auf das reiche Deutschland, dass eine Million Rentner das Recht haben, um die Grundsicherung anzusuchen, denn sie müssen nach einem Leben voller Arbeit mit weniger als 688 Euro auskommen. Sie fühlen sich gedemütigt und deshalb gehen Hunderttausende nicht zum Amt, um Unterstützung einzufordern. Nun wollen die CDU-Frauen eine Ungerechtigkeit aufheben, nämlich den Unterschied des Erziehungsgeldes für die vor und nach 1992 geborenen Kinder. Sofort protestiert der Finanzminister aus dieser Partei: Keine Spielräume! Und zur gleichen Zeit sollen allein zwei Milliarden Euro dafür ausgegeben werden, dass Familien ihre Kinder nicht in die Kita bringen. Darüber kann sich Diana Golze, selbst Mutter von zwei kleinen Kindern, aufregen und sie wirkt mit ihrer Leidenschaft ansteckend.
Auch die Sorge um den Mittelstand teilt die Bundestagsabgeordnete mit ihrem Publikum, in dem beim „Beeskower Gespräch“ auch Rolf Lindemann, der Leiter des Amtes für Grundsicherung, saß – direkt vor unseren Augen verschwinden Läden und Handwerksbetriebe. Auch dem furchterregenden Verschwinden dieser Schicht würde ein Mindestlohn entgegenwirken, der die Binnennachfrage ebenso stärken würde wie eine Mindestrente und eine Mindestsicherung. Zu den Forderungen der LINKEN gehört deshalb unter anderem eine Sozialcharta für Selbstständige, die ohne eine Versicherung beim Scheitern ihrer Unternehmen ja sofort in tiefste Armut fallen.
Leider findet die LINKE für ihre Vorschläge nur schwer Mehrheiten, auch bei zunehmenden schlechtem Gewissen vieler Volksvertreter, zumal vor Wahlen. Jedoch wirkt bei den meisten von ihnen noch immer die Agenda-Politik gegen ein offenes Bekentnis zum Grundsatz „Gute Arbeit – gute Löhne –gute Rente“.
Bei der Suche nach Möglichkeiten, vor Ort die alltäglichen Ungerechtigkeiten zu mildern, stellte der Gesprächsgast den Rathenower „Kinderstadtverein“ vor, der im „Beeskower Gespräch“ sofort Interesse fand: Er sorgte im letzten Sommer dafür, dass 99 Kinder herrliche Ferien erlebten, die sonst auf Urlaubsreisen und Erholung verzichten müssten.
Herumgesprochen hat sich bereits: Diana Golze will sich um die Spitzenkandidatur der Brandenburger LINKEN bei den nächsten Bundestagswahlen bewerben. Dass die 37jährige dafür Wissen, Erfahrung und das nötige Engagement mitbringt, davon konnten sich die Beeskower an diesem Diskussionsabend überzeugen.