Von Pädagogischen Hochschulen und vergifteten Äpfeln
Im Märchen „Schneewittchen“ bietet die böse Königin dem jungen Mädchen nach zwei erfolglosen Mordversuchen einen wunderschönen Apfel an. Sie beißt selbst hinein und offeriert Schneewittchen die andere Hälfte. Wir alle wissen – obwohl der Apfel lecker und toll aussieht, ist er vergiftet und wird Schneewittchen schaden. An dieses Märchen fühlt man sich erinnert, wenn man den Vorschlag der CDU Sachsen-Anhalt liest, hier wieder Pädagogische Hochschulen (PH) einzuführen (siehe Meldung im Presseportal). Man könnte der CDU und Marco Tullner zugute halten, dass sie Veränderungsbedarf in der Lehramtsausbildung erkannt haben. Immerhin werden ihnen seit Jahren die bestehenden Probleme genannt, immerhin ist es unter CDU-Beteiligung überhaupt erst zu den Problemen gekommen, immerhin hat sich im Land seit Jahren nichts für eine Verbesserung in der Lehramtsausbildung getan. Aber dennoch: auch die CDU hält ein „Weiter so“ nicht mehr für ratsam.
Nun soll also eine eigene Hochschule für die Lehramtsausbildung gegründet werden. Der Ansatz ist an sich nicht falsch – die Lehramtsausbildung an den beiden Universitäten in Magdeburg und Halle krankt vor allem an ihrem stiefmütterlichen Dasein. Die Fachwissenschaften und Fakultäten fremdeln mit den Bedürfnissen der Lehramtsstudierenden, was zu vielfältigen Schwierigkeiten im Studium führt (ausführlich dazu siehe Blog-Eintrag hier). Die Ausbildung von Lehrkräften bedarf einer deutlichen Stärkung – finanziell, personell, institutionell. Diese Aufwertung wäre im Rahmen einer eigenen Hochschule durchaus denkbar.
Das erste Problem ergäbe sich aber mit dem Standort. Auch heute schon können einige Lehramtsstudiengänge wie Grundschule oder Berufsschule nur an einem Standort im Land belegt werden – was zu anhaltenden Nachwuchsproblemen führt. Wenn künftig alle Lehrkräfte nur noch an einem Ort im Land ausgebildet werden sollen, könnte das das Personalproblem verstärken. Nicht ohne Grund hatte die PH der DDR-Zeit drei Standorte. Kleinere Zweigstellen in verschiedenen Regionen des Landes wiederum führen zu organisatorischen und akademischen Herausforderungen.
Das zweite Problem einer PH besteht in der Abkopplung von den Fachwissenschaften. Ohne den Austausch mit und die Verbindung zu den Germanist*innen, Mathematiker*innen, Anglist*innen, Chemiker*innen etc. würde die Lehramtsausbildung ein notwendiges Standbein verlieren. Auch wenn der fachwissenschaftliche Anteil am Studium derzeit zu dominant ist – er muss für die Fachlichkeit und die Akualität des Lehramtsstudiums erhalten bleiben. Das wäre bei einer PH nur gewährleistet, wenn diese über entsprechend eigene fachwissenschaftliche Bereiche verfügt.
Das dritte Problem – und jetzt kommen wir zu dem eigentlich „Gift“ des CDU-Vorschlags“ – besteht in der Zuordnung von Lehramts-Bereichen zur PH. Wirklich sinnvoll wäre eine solche Hochschule nur, wenn alle lehramtsbezogenen Studiengänge dort gebündelt werden würden. Wenn hier aber – und das suggeriert der CDU-Vorschlag – geteilt werden soll in weiterhin universitäre und künftig PH-Studiengänge, dann hat das dramatische Konsequenzen. Einerseits würde das Prestige der Lehrämter an einer Universität steigern und jenes der PH sinken und andererseits würde damit einer (jetzt aufgrund unterschiedlicher Studienumfänge auch schon bestehenden) ungleichen Bezahlung der künftigen Lehrkräfte Tür und Tor geöffnet. Wenn tatsächlich die Lehrämter für Grund- und Sekundarschulen an die PH sollen, festigt das schon bestehende Ungleichheiten und Standesdünkel. Das Ziel, gerade in den gesuchten Bereichen wie Grundschule und Sekundarschule Nachwuchs zu generieren würde ad absurdum geführt.
Die CDU löst mit ihrem Vorschlag keines der bestehenden Probleme in der Lehramtsausbildung. Im Gegenteil, er würde sie eher verschärfen und zudem notwendige finanzielle und personelle Mittel von der bestehenden Lehramtsausbildung abziehen. Ohne Frage muss das Land die Ausbildung von Lehrer*innen verändern – hier gibt es genügend sinnvolle Vorschläge. Die CDU-Idee einer PH ist nicht sinnvoll und sogar gefährlich. Sie dient eher dazu, sich im Wahlkampf-Spiegel als die schönste und beste im ganzen Land darstellen zu können. Bleibt zu hoffen, dass dieser a(PH)fel niemandem im Halse stecken bleibt.
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